GÖTTERBERG TRIFFT DRACHENFLUSS: FERNÖSTLICHER (KULTUR-)GENUSS IN WIL


«Götterberg trifft Drachenfluss» – schon allein der Titel des japanischen-chinesischen Kulturnachmittages im Wiler Baronenhaus war ein poetisches Versprechen. Am Ende stand am Sonntag ein ebenso hochstehender wie auch unterhaltsamer Event, der Lust auf mehr machte.


(Christof Lampart)
Es war von Anfang an ein Experiment – jedoch eines, bei dem die Organisatoren, der Schweizerisch-Japanische Kulturverein Yamato, der Chinesische Verein Ostschweiz und der Tai Chi Club Wil – zu keinem Moment Zweifel am Gelingen aufkommen liessen. Kein Wunder: was wunderbar leicht aussah, als während eineinhalb Stunden die unterschiedlichsten fernöstlichen Künste in einer wunderbaren Leichtigkeit an einem vorüberzogen, hatte fürs OK einen planerischen Vorlauf von fast eineinhalb Jahren gehabt. Doch am Ende waren sich alle, die Organisatoren, die Künstler und die Besucher, darin einig, dass sich jede Minute dieses Aufwandes gelohnt hatte. Denn das Ziel, zur interkulturellen Verständigung der in vielen Dingen zum einen sehr ähnlichen und dann auch einander wieder ziemlich fremden ostasiatischen Kulturen beizutragen, ging voll auf. Schon allein das Setting stimmte. Im wunderschönen Konzertsaal des Wiler Baronenhauses versetzte der professionelle Märchenerzähler Armin Ziesemer, Schaffhausen, mit chinesischen Geschichten und japanischen Märchen und einer insgesamt sehr bildhaften Moderation die rund 60 Besucherinnen und Besucher in eine zauberhafte Stimmung, die ebenso kontemplativ wie auch zugleich anregend war.

Und das waren selbstverständlich auch die Auftritte der verschiedenen Künstlerinnen und Künstler. Dabei war es interessant zu sehen und zu hören, wie unterschiedlich sich die jeweiligen Kulturen in miteinander vergleichbaren Darbietungen manifestierten. Während die Virtuosin Qin Streller Shen, Henau, ihrer Guqin, einem chinesischen Saiteninstrument, ganz sanfte, betörende Klänge entlockte, war das prägnante Spiel von Andreas Tellenbach, Winterthur, auf seiner Shamisen, mal wuchtig, mal meditiv. Oder derweil die sehr klangschönen chinesischen Gedichte, die Pan Rongying, Basel, rezitierte, wie ein melodiöser, perlender Singsang anmutete, waren die Haiku und Waka grosser japanischer Meister, welche Atsuko Lampart, Bronschhofen, rezitierte, ebenso kurz wie prägnant und effektvoll. Der chinesische Tanz von Sun Rong hatte etwas sehr, im positiven Sinne, «Puppenhaftes» an sich, während die japanischen Volkstänze, die durch Akemi Hesse, Tagelswangen, und Mayumi Lehmann, Forch, von mitreissender Art – so dass am Ende sogar einige der Besucher mit den beiden Tänzerinnen mittanzten. Für eine kurze, kräftigende und die Konzentration fördernde Pause sorgte Lukas Häne, Bronschhofen, der bei seiner Qi Gong-Übung (einer Meditation in Bewegung) das Publikum aktiv mit einbezog.

Spannendes und kontrastreiches Erlebnis

Eine Besucherin brachte es beim anschliessenden Apéro, bei welchem Köstlichkeiten aus beiden Ländern Küchen wie Sushi, Frühlingsrollen, Edamame, Rotebohnen Küchlein oder Teriyaki-Spiesschen und Getränke wie chinesischer Grüntee, japanischer Pflaumenwein oder japanisches Bier gereicht wurden, das vorherrschende Gefühl passend zum Ausdruck. «Ich habe heute zum ersten Mal begriffen, dass beide Länder viel mehr vereint, als man auf den ersten Blick meinen könnte. Und doch waren es gerade die Unterschiede, welche stets heraushörbar waren und den ganzen Nachmittag zum sehr spannenden und kontrastreichen Erlebnis für mich werden liessen».

Armin Ziesemer und Atsuko Lampart-Fujii beim gemeinsamen Vortragen der japanischen Gedichte.
Die beiden japanischen Volkstänzerinnen Mayumi Lehmann (links) und Akemi Hess gutgelaunt und relaxt unmittelbar vor ihrem Auftritt.
Sun Rong präsentierte einen sehr anmutigen chinesischen Fächertanz.
Lukas Häne führte das Publikum achtsam in die «meditative Bewegung» des Qi Gong ein.
Pan Ronying trug ebenso gekonnt wie bezaubernd eine Auswahl an klassischen chinesischen Gedichten vor.
Der Shamisen-Virtuose Andreas Tellenbach, während seines Vortrages im Wiler Baronenhaus.
Atsuko Lampart-Fujii (Präsidentin Schweizerisch-Japanischer Kulturverein Yamato), Haigui Liu Resenterra (Präsidentin Chinesischer Verein Ostschweiz) und Lukas Häne (Präsident Tai Chi Club Wil) stossen beglückt auf einen wunderschönen Nachmittag an.